D 4 Filmwerkstatt II: Was macht einen Film spannend?
Es gibt verschiedene Methoden, wie beim filmischen Erzählen Spannung aufgebaut und die Neugier der Zuschauer*innen wachgehalten werden kann. Nicht immer werden alle Mittel eingesetzt. Hier einige Beispiele:
Andeutungen/Vorausdeutungen: Einzelne Bausteine der Filmerzählung (Objekte, Lichteffekte, Geräusche, Musik) deuten auf eine Gefahr hin, aber weder Zuschauer*innen noch Figuren können die Gefahr genau einschätzen.
Suspense: Eine konkrete Gefahr ist da, aber nur die Zuschauer*innen kennen sie. Sie müssen zusehen, wie die Figuren ahnungslos der Gefahr entgegengehen.
Täuschungen: Eine Figur hintergeht, beobachtet, belügt eine andere, ohne dass diese etwas davon mitbekommt. Oder eine Figur durchschaut die Täuschung des anderen, lässt sich aber nichts anmerken (doppelte Täuschung).
Plötzliche Wendungen: Zuschauer*innen und/oder Figuren bekommen eine neue Information, die die gesamte Situation in einem anderen Licht erscheinen lassen (z. B. ein Brief offenbart ein Geheimnis, ein Verbündeter offenbart sich als Gegner).
Vier Situationen aus EX MACHINA
Situation A)
Bevor Caleb zum ersten Mal auf Ava trifft, wartet er in dem mit Panzerglas abgetrennten Bereich ihres Zimmers. Ihm fällt auf, dass das Glas an einer Stelle beschädigt ist. Er tastet mit dem Finger nach der Stelle, sagt aber nichts dazu und spricht auch später Nathan nicht darauf an.
Situation B)
Nathan und Caleb sprechen beim Abendessen über die zweite Session.
NATHAN: „Was ist mit dem Stromausfall?“
CALEB: „Bitte?“
NATHAN: „Der Stromausfall. Da habe ich rein gar nichts gesehen. Dann fallen die Kameras aus,
kein Ton. Alles weg.“
CALEB (zögert)
NATHAN: „Was ist da passiert?“
CALEB: „Gar nichts.“
NATHAN: „Gar nichts? Hat sie kein Wort dazu gesagt?“
CALEB: „Nein. Eigentlich nicht.“
Situation C)
Nathan führt Caleb vor, wie er die vermeintlich heimlichen Gespräche zwischen den beiden mitgehört und so von Avas Fluchtplan erfahren hat. Er versucht, dem enttäuschten Caleb zu erklären, warum er ihn hintergehen musste.
NATHAN: „Oh, es scheint zehn Uhr zu sein. Ava wird sich schon fragen, wo du bleibst. Ich hab da eine
Frage: Wie sollte dieser Plan denn laufen? Das hattest du nicht ausgeführt. Also, du wolltest mich
abfüllen, dir meine Keycard nehmen und wolltest die Sicherheitsprotokolle umprogrammieren. Wie
denn umprogrammieren?“
CALEB: „Ich wollte den Verriegelungsprozess ändern. So, dass im Falle eines Stromausfalls die Türen
nicht verriegelt, sondern geöffnet werden.“
NATHAN: „Ja, ich glaub‘, das hätte klappen können.“
CALEB: „Tja, wir werden sehen.“
NATHAN: „Wie meinst du das?“
CALEB: „Mir war klar, dass du uns vermutlich während dieser Stromausfälle zusiehst. Deswegen habe
ich das alles schon erledigt. Als ich dich gestern abgefüllt hab‘.“
NATHAN: „Was!?“
Situation D)
Ava ist aus ihrem Zimmer entkommen. Auf dem Flur flüstert sie Kyoko etwas zu. Man sieht für kurze Zeit, dass Kyoko ein Messer in der Hand hält. Wenig später tritt Nathan mit einer Hantelstange bewaffnet Ava gegenüber. Als sie auf ihn zu läuft, schlägt er ihr einen Arm ab. Sie stürzt. Nathan ist ihr körperlich haushoch überlegen. Während er mit Ava kämpft, wendet er Kyoko den Rücken zu.
Aufgaben
- Sieh dir die vier Methoden an, die in einer Filmerzählung Spannung erzeugen. Sammle zusammen mit einer*m Lernpartner*in Beispiele aus Filmen, die ihr kennt, und überlegt, welche der vier Methoden dort eingesetzt werden.
- Ordnet den vier Situationen die vier Methoden Suspense, Täuschung, Vorausdeutung, plötzliche Wendung zu. Beschreibt, wie diese Methoden dort wirken.
- Betrachtet die Filmstills: Was sieht man, wie sind die Personen platziert, was verrät ihr Gesichtsausdruck, wie sind Licht- und Farbverhältnisse?
- Die Filmhandlung wird vor jeder Begegnung zwischen Caleb und Ava durch eine Einblendung unterbrochen („Ava: Session 1“ usw.). Überlegt gemeinsam, wie diese Einblendungen auf euch gewirkt haben: Haben sie den Handlungsfluss gestört? Haben sie zu Spannungssteigerung beigetragen?