Lernkonzept und Kompetenzerwartungen
Die Arbeitsmaterialien gehen zunächst vor allem auf Fragen des filmischen Erzählens ein. Ziel ist es, im Sinne exemplarischen Lernens mit den Schüler*innen anhand einzelner Situationen wesentliche Mittel filmischer Gestaltung zu erarbeiten und ihnen dabei auch Raum für Kreativität zu geben. Die Materialien D 7 und D 8 gehen dann über den Film hinaus und stellen das Thema des Wissenschaftsjahres 2019 in den Mittelpunkt. Der Turing-Test dient im Film als Grundgerüst für die Handlung. Abschließend geht es um die Frage nach einem künstlich geschaffenen Bewusstsein. Die Auswertung des Films lässt sich mit Materialien aus dem Modul „Künstliche Intelligenz – Grundlagen, Forschungsfragen und ethischer Diskurs“ ergänzen, hier insbesondere die Materialien B 1, B 8, B 9, B 12 und B 13.

Mögliche Unterrichtsszenarien
Der Film bietet vielfältige Anknüpfungspunkte für den Unterricht. Um den unterschiedlichen inhaltlichen Bedürfnissen gerecht zu werden, werden auf Seite 7 im Begleitheft mehrere Unterrichtsszenarien vorgeschlagen.
Arbeitsmaterialien und Lösungshinweise
Arbeitsmaterial D 1: EX MACHINA – so beginnt die Handlung
Für die Vorbereitung auf den Film bekommen die Schüler*innen einen Text, der den Beginn der Handlung skizziert. Er enthält Andeutungen über mögliche Gefahren (Glasscheibe, „nicht die ganze Wahrheit“). Damit haben sie Ansatzpunkte für eine Weiterführung im Sinne eines Thrillers. Auf das Genre wird auch später wieder Bezug genommen (vgl. Arbeitsmaterial D 3).
Arbeitsmaterial D 2: Wie war der Film?
Das Arbeitsblatt soll helfen, Eindrücke aus der Filmbetrachtung zu bündeln. Frage 3 richtet den Fokus auf die Figuren und behandelt dabei Ava wie die beiden menschlichen Figuren – hier besteht bei der Auswertung sicher Gesprächsbedarf, insbesondere bezüglich der emotional besetzten Eigenschaften „einfühlsam“ und „sympathisch“. Der Schluss des Films zerstört evtl. zunächst gefasste Werturteile und lässt die Frage aufkommen, ob und wie ein Roboter mit solchen Begriffen überhaupt angemessen beschrieben werden kann. Hier knüpft Arbeitsmaterial D 8 an. Die beiden Fragen 4 und 5 gehen über den Film hinaus und regen dazu an, sich mit den Entwicklungen im Bereich von KI auseinanderzusetzen. Hier können Materialien aus dem Unterrichtsmodul zum Thema Künstliche Intelligenz hinzugezogen werden.
Arbeitsmaterial D 3: Filmwerkstatt I: Ist EX MACHINA ein Thriller?
Die Materialien D 3-D 6 gehen schwerpunktmäßig auf Themen der filmischen Gestaltung ein, greifen aber auch Aspekte auf, die über den Film hinausgehen und das Thema KI betreffen. Arbeitsblatt D 3 thematisiert das Genre des Thrillers und regt die Schüler*innen dazu an, anhand vorgegebener Merkmale zu überprüfen, ob EX MACHINA dem Genre entspricht. Da dieses Genre sehr vielfältig ist, kann man, je nachdem, welche Art von Thriller der Bezugspunkt ist, auch zu anderen Einschätzungen kommen, sie sollten aber begründet werden. Wer eher äußere Konflikte und Bedrohungen für interessant und genreprägend hält (Action-Thriller), wird EX MACHINA möglicherweise gar nicht als Thriller bezeichnen wollen.

Arbeitsmaterial D 4: Filmwerkstatt II: Was macht einen Film spannend?
Das Arbeitsblatt knüpft an D 3 an und geht vertiefend auf einzelne Situationen ein.
Situation A): Andeutung; die gesplitterte Scheibe verweist auf eine mögliche Bedrohung und wirkt gerade durch die Kombination mit dem sehr stillen und zurückhaltenden Auftreten von Ava irritierend.
Situation B): Täuschung; es ist das erste Mal, dass Caleb Nathan offen belügt. Ava hat ihn während des Stromausfalls vor Nathan gewarnt und damit eine Spirale des Misstrauens in Gang gesetzt. Man kann vermuten, dass Nathan Calebs ungeschickt vorgetragene Lüge durchschaut. Dadurch wird die Spannung weiter hochgehalten – man fragt sich, wie Nathan auf das Problem reagieren wird.
Situation C): Täuschung, plötzliche Wendung; in der Szene gibt Nathan zu, dass er Caleb getäuscht und benutzt hat. Er scheint aus dem Duell als Sieger hervorzugehen, doch dann wendet sich alles mit Calebs Satz „Tja, wir werden sehen“. Es muss Nathan (und die Zuschauer*innen) irritieren, dass Caleb offenbar noch immer an das Gelingen des Fluchtplans glaubt. Wie sich dann zeigt, ist er im Spiel der wechselseitigen Täuschungen Nathan den entscheidenden Zug voraus. Der Raum, in dem Caleb und Nathan sich befinden, ist von einem unnatürlichen, gelblichen Licht erfüllt. Sie sprechen zwar miteinander, sitzen aber so, dass sie in unterschiedliche Richtungen blicken, ein Zeichen für ihr inneres Zerwürfnis.
Situation D): Suspense, plötzliche Wendung; entscheidend ist das Messer in Kyokos Hand, das nur die Zuschauer*innen sehen, nicht aber Nathan. Er scheint die Lage bereits unter Kontrolle zu haben und wendet Kyoko nichtsahnend den Rücken zu. In seinem Gesicht zeigt sich Erstaunen, als sie ihm das Messer in den Rücken stößt. Der lange Flur mit den kahlen Wänden und dem kalten Licht unterstreicht die surreale Situation, dass sich zwei Roboter zu einem Attentat verabreden. Ava beobachtet Kyoko aufmerksam; sie ist hier die Aktive; Kyoko nimmt den Plan ohne eine Regung oder ein Wort hin. Dass die Roboter hier keine menschlichen Reaktionen zeigen (Zögern, Zweifel, Angst), erhöht die Ungewissheit und gibt ihnen etwas Unheimliches.
Arbeitsmaterial D 5: Filmwerkstatt III: Figuren unter der Lupe
Die Figurenanalyse kann arbeitsteilig in Gruppen erfolgen. Die Arbeitsaufträge enthalten zu jeder Figur auch einen produktiven Aufgabenanteil, durch den die Schüler*innen Leerstellen in der Figurendarstellung füllen bzw. die Handlung weiterentwickeln können.

Mögliche Leit- und Hilfsfragen für die produktionsorientierten Aufgaben:
Was Nathan im Innersten antreibt, bleibt bis zuletzt unklar. Ist es vor allem Eitelkeit, die Suche nach Macht und Anerkennung? Oder steckt hinter seinem Erfindergeist der Wunsch, die unvollkommene menschliche Zivilisation durch Künstliche Intelligenz zu überwinden? Caleb ist ein kluger Kopf, aber woher könnte er die Kraft nehmen, sich gegen den übermächtigen Chef und die charmant-raffinierte Ava zu behaupten? Welches sind seine Werte? Sieht er vielleicht bei aller technischen Begeisterung auch die Bedrohung, die von einer derart weit fortgeschrittenen Künstlichen Intelligenz ausgeht? Vielleicht führt ihn seine Weitsicht zu dem Schluss, dass es notwendig ist, Nathans Tätigkeiten vorerst auf Eis zu legen. Ava hat gezeigt, dass sie über viele Fähigkeiten verfügt. Nachdem sie sich die Menschen der Großstadt eine Weile angesehen hat, will sie vermutlich auch Kontakt mit ihnen aufnehmen (oder Menschen mit ihr). Was passiert, wenn jemand ihren Ausweis sehen will? Was, wenn ihre Identität als Roboter aufgedeckt wird? Ist sie überhaupt eine Person mit den Rechten einer Staatsbürgerin? Und abgesehen davon: Woher bekommt sie Strom für ihren Akku?
Arbeitsmaterial D 6: Filmwerkstatt IV: Symbole und Zitate im Film EX MACHINA
Das Arbeitsblatt bietet Informationen über einige der für den Film wichtigen Symbole und thematisiert
deren Funktion in dem Film. Die Tabelle zu vervollständigen ist anspruchsvoll, das Blatt insgesamt eher für Schüler*innen der Sek. II geeignet.
Mögliche Lösung:

Symbolische Bildmotive: Auch Alltagsgegenstände können symbolisch verstanden werden. Es ist dann aber wichtig, dass sie aus dem Kontext des Bildes deutlich hervortreten, vielleicht auch als Fremdkörper im Bild erscheinen. Die Masken in dem sonst vollkommen kahlen Flur sind ein Beispiel dafür.
Arbeitsmaterial D 7: Der Turing-Test und seine Varianten
Die verschiedenen Umdeutungen des Turing-Tests bilden den dramaturgischen Hintergrund für die gesamte Handlung. Sie zu rekonstruieren, ist allerdings nicht einfach.
Mögliche Lösung für die Tabelle:

„Es gibt nichts Menschlicheres …“: Der Satz sagt etwas Grundlegendes über menschliches Dasein. Nathan will mit seinem Test herausfinden, ob genau diese menschliche Eigenschaft auch in Ava verankert ist. Ava will nicht abgeschaltet werden, sie kämpft um ihr Überleben und bietet dafür alle Mittel auf, die ihr zur Verfügung stehen. Damit erweist sie sich in Nathans Augen als menschengleich. Dass sie Kyoko zu einem Attentat auf Nathan anstiftet, ist der letzte Baustein ihrer Überlebensstrategie. Es liegt eine bittere Ironie darin, dass diese Bestätigung für Nathans These ihm selbst das Leben kostet.
Arbeitsmaterial D 8: Können Roboter Gefühle oder ein Bewusstsein entwickeln?
Vom Film ausgehend erhalten die Schüler*innen grundlegende Informationen zum Thema KI und Gefühle – ein Abgleich zwischen Film und Realität. Da diese Zusammenhänge ausgesprochen komplex sind, greifen die Aufgaben zunächst auch wieder die filmische Situation auf und gehen dann auf reale Fragestellungen ein. Die Existenz von Robotern mit Emotionen ist eng verknüpft mit moralischen Fragen. Es bietet sich hier an, ergänzend Unterrichtsmaterialien aus dem Modul „Künstliche Intelligenz – Grundlagen, Forschungsfragen und ethischer Diskurs“ einzusetzen.
Der Schluss des Films: Ava bringt Nathan ohne zu zögern, ohne Regung oder gar Erschütterung um. Das und ihre Gleichgültigkeit gegenüber Caleb legen den Schluss nahe, dass Emotionen für sie nicht relevant sind. Sie kann die Gefühle anderer erkennen und sie spielt Caleb Gefühle vor, weil sie dadurch ihr Ziel erreichen kann.
Ava als Mensch: Gegenüber Nathan wäre Abscheu, Angst, Erschrecken über das eigene Tun naheliegend; gegenüber Caleb zumindest eine kurze Erklärung ihres Tuns, eine Art Abschied.
Was kann Ava? Zweifelsfrei kann Ava eine Strategie entwickeln. Sich in jemanden einfühlen: Zumindest versteht sie sehr gut, was in Caleb vorgeht; sie kann ihn für sich einnehmen und ihm emotionale Zuwendung signalisieren. Jemanden lieben/Angst haben/begeistert sein/Hass empfinden: Sie kann Emotionen ausdrücken, aber es ist zu bezweifeln, dass sie sie tatsächlich empfindet. Sonst würde sie sich am Ende anders verhalten (s.o.). Insofern kann man ihr Verhalten auch nicht als heimtückisch bezeichnen; sie folgt einem Programm, dessen Ziel es ist, sich mit allen Mitteln aus Nathans Haus zu befreien.
Roboter mit Emotion: Je ähnlicher Roboter Menschen werden, umso dringlicher stellt sich die Frage, ob sie eigene Rechte haben (so, wie man auch Tieren Rechte zugesteht). Das Recht auf einen selbstbestimmten Betrieb ist nur eine von zahlreichen Fragen, die sich dabei stellen (z. B. Schutz vor Zerstörung, Arbeitsschutz, Recht auf Lernerfahrungen, Fähigkeit zu Verantwortung und Haftung für das eigene Handeln).
Keine Roboter mit Bewusstsein: Das Nachdenken über die vorherige Frage führt zu einer Vielzahl denkbarer Konflikte und Probleme. Diese müssen bearbeitet und gelöst werden, bevor solche Roboter zum Einsatz kommen. Es muss hier zwischen technisch Möglichem und sinnvollen bzw. akzeptierten technischen Systemen abgewogen werden.