C 11 Homosexualität und Gesellschaft

Im Jahr 2001 bekannte sich der spätere Berliner Oberbürgermeister Klaus Wowereit als erster Spitzenpolitiker in Deutschland zu seiner Homosexualität. Er bezeichnete den Ausspruch „Ich bin homosexuell – und das ist auch gut so“ später als den wichtigsten Satz seines Lebens.

Unterschiedliche sexuelle Identitäten gibt es schon immer: Männer fühlen sich von Männern angezogen, Frauen von Frauen, manche Menschen auch von beiden Geschlechtern. Solche homosexuellen oder bisexuellen Orientierungen wurden aber lange Zeit gesellschaftlich nicht akzeptiert. Auch wenn es sich für den Einzelnen um eine Privatangelegenheit handeln mag – sobald Minderheiten diskriminiert oder benachteiligt werden, betrifft das Thema die gesamte Gesellschaft.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat sich die rechtliche Position Homosexueller deutlich verbessert. Homosexuelle Beziehungen standen bis 1967 in England unter Strafe, in Schottland bis 1980, Nordirland schaffte das entsprechende Gesetz 1982 ab. Auch in Deutschland wurden zwischen 1945 und 1969 etwa 50.000 Männer wegen homosexueller Handlungen verurteilt, teilweise zu mehrjährigen Haftstrafen. . Der Paragraph 175, der sexuelle Handlungen zwischen Männern unter Strafe stellte wurde zwar 1969 entschärft, aber erst 1994 vollends gestrichen. 

Die Abschaffung von Strafen bedeutet aber noch nicht Akzeptanz oder Gleichstellung. So ist es vor allem für Männer im Leistungssport bis heute ein Risiko, sich zu einer homosexuellen Orientierung zu bekennen, und auch auf Schulhöfen fallen schwulenfeindliche Bemerkungen. Obwohl es Dutzende Filme gibt, in denen schwule oder lesbische Paare auftreten, haben auch männliche Schauspieler schon beklagt, dass sie nach ihrem Bekenntnis zum Schwulsein bestimmte Rollen nicht mehr bekommen. Im Privatleben sind homosexuelle Partnerschaften in Deutschland und in vielen anderen Ländern inzwischen herkömmlichen Ehen gleichgestellt („Ehe für alle“). Seit 2017 gelten sowohl in Deutschland wie auch in Großbritannien Gesetze, die wegen Homosexualität verurteilte Menschen rehabilitieren und entschädigen sollen.

Mit Material aus: Peter Rehberg: Der schwule Held, das letzte Tabu.
Gesehen auf www.zeit.de/kultur/film/2018-07/homosexualitaet-jochen-schropp-coming-out-schauspieler-rollen (aufgerufen am 10.10.2018).

Raphael Bak, Stephan Trinius, Clara Walther: Sexualität – Versuch einer Begriffsdefinition.
Auf: www.planet-schule.de/wissenspool/entscheide-dich/inhalt/hintergrund/sexualitaet-versuch-einer-begriffsdefinition.html (aufgerufen am 10.01.2018).

Aufgaben

  • Lies den Text und beschreibe in eigenen Worten die Entwicklung bei der rechtlichen Einschätzung von Homosexualität.
  • Überlegt, welche Lehren eine demokratische Gesellschaft aus dem Umgang mit Homosexuellen im Verlauf der letzten Jahrzehnte ziehen kann. Diskutiert dazu in kleineren Gruppen.
  • Wie stellt der Film die homosexuelle Orientierung Alan Turings dar? Notiert aus dem Gedächtnis Situationen.
  • Es wurde kritisiert, dass dieser nicht unwichtige Teil in Turings Leben nur indirekt thematisiert wird, aber nicht sichtbar ist. Geflirtet wird im Film nur zwischen Männern und Frauen. Diskutiert, ob ihr diese Kritik teilt.